Goodbye Malta, Namasté Nepal

Fensterblick nach Norden in Kathmandu

Während ich diese Zeilen schreibe, sitze ich an einem kleinen, aber überraschend bequemen Hotelschreibtisch. Ich höre Autohupen, Menschentreiben, Vogelgezwitscher, mehrere Bauarbeiten und in der Ferne eine Art Guggenmusik. In meiner Nase mischen sich rauchige und süß-herbe Gerüche verbrannter Plastik und südostasiatischer Küche. Blicke ich aus dem Fenster, erspähe ich die bewaldeten Ausläufer des Himalaya-Gebirges, die sich – hinter einer tiefhängenden Wolkenschicht und einem Gemisch aus Smog und Nebel versteckend – über den bunten Dächern Kathmandus in die Höhe strecken.

Seit über einer Woche befinde ich mich nun in Nepals Hauptstadt, in obligatorischer Quarantäne.

Aber ich greife vor. Mein letzter Reisebericht endete Anfang August auf Malta. Lasst mich zusammenfassen, was seitdem passiert ist, und ein Fazit meiner ersten Etappe ziehen.

Inhaltsverzeichnis

Dolce Vita auf Malta

Im August verbrachte ich meinen vierten und vorerst letzten Monat auf Malta. Nur drei Stunden pro Tag arbeitend, unternahm ich viel mit Freunden und besuchte auch die letzten mir noch unbekannten Highlights der Insel. Ohne zu sehr ins Detail zu gehen, lasse ich einige Bilder sprechen:

Im Gegensatz zu den anderen Monaten auf Malta, in denen ich recht beschäftigt war, genoss ich im August mehr Freiheiten. Ich lebte oft in den Tag hinein und ließ mich von Moment zu Moment treiben, ohne viel zu planen. Ein italienisches Lebensgefühl machte sich breit, auch dank meines Mitbewohners Ivano, von dem ich mir einiges abschaute.

Eine solche Gelassenheit spürte ich zuletzt in meiner Tübinger Studienzeit, als mein Freundeskreis in unmittelbarer Nachbarschaft wohnte und zu einer Art Familie wurde. Auf Malta ging es mir ähnlich, gepaart mit einem durch starke Hitze befeuerten Müßiggang und einer traumhaften Umgebung, die überall zum Schwimmen, Erholen und Entdecken einlud. Eine unschlagbare Kombination!

Meine Sorglosigkeit lag aber auch an meinen Plänen – endlich hatte ich wieder welche! Ganz ursprünglich wollte ich bereits im August nach Nepal reisen, dann aber schwappten die deltanischen Coronaviren durch die Welt und ganz Asien machte dicht. Als Zwischenschritt blieb ich einen Monat länger auf Malta und überlegte, noch eine andere europäische Destination anzusteuern, bis sich Asien wieder öffnen würde.

Irgendwie konnte sich mein Bauchgefühl mit der Idee aber nicht anfreunden, und immer, wenn ich mir ein Land aussuchte, schloss es kurze Zeit später seine Grenzen. Im August erfuhr ich schließlich, dass Nepal wieder Touristen empfängt, insofern stand mein nächstes und dazu ursprüngliches Ziel endlich wieder fest!

Nicht ganz so leicht nahm ich den Abschied von ToLL Relations, denn nach über drei Jahren kündigte ich meinen Job als PR-Manager bei der Frankfurter Agentur. Da ich seit Mai nur noch auf Teilzeitbasis arbeitete und das Ende absehbar war, gestaltete sich das Verabschieden von meinen geliebten Kollegen zwar auf Raten. Aber als das Ende dieses Lebensabschnitts schließlich kam, hinterließ es mich mit der erwartbaren Wehmut.

Mein maltesisches Fazit: Ich werde digitaler Nomade!

Mit Melancholie sagte ich Ende August auch Malta auf Wiedersehen. Ich besuchte noch einmal alle mir wichtigen Orte und Menschen, organisierte eine kleine Abschiedsfeier auf unserer WG-Terrasse und reflektierte über meine letzten vier Monate auf der kleinen Mittelmeerinsel.

Ein Gesamtfazit fällt mir etwas schwer, da meine Malta-Zeit aus unterschiedlichen Phasen bestand. Im Mai lebte ich im Coliving-Haus und war auf Wohnungssuche, im Juni fiel ich in meiner ruhigen WG in ein kleines Loch, der Juli galt hauptsächlich meinem Zwischenjob als Lehrer und im August genoss ich ein wiedergefundenes Freiheitsgefühl.

Neben den wunderschönen Eindrücken und Erlebnissen auf Malta, meinen neuen Freunden, meinen Erfahrungen als Lehrer und den Sonnenbränden nehme ich vor allem eines mit: meinen Entschluss, digitaler Nomade zu werden.

Na gut, vielleicht nicht ganz im klassischen Sinne. Ich möchte irgendwann irgendwo ankommen und bin auch gerne Angestellter. Aber Voraussetzung für meinen zukünftigen Job ist definitiv die Option, mindestens zwei bis drei Monate im Jahr komplett remote aus dem Ausland arbeiten zu dürfen.

Denn es funktioniert! Mit stabilem Internet und einem bequemen Tisch habe ich alle Arbeitsbedingungen, die mein Laptop und ich für die Arbeit benötigen. Ob ich nun zuhause sitze oder in einer Coliving-Villa auf einem Felsen im Mittelmeer, sollte für die Arbeit keinerlei Rolle spielen.

Ich traf viele festangestellte digitale Nomaden, die nach ein paar Wochen oder Monaten auf Malta wieder in ihre heimische Wohnung als „Homebase“ zurückkehrten, mit dem festen Plan, die Wintermonate am nächsten warmen Ort zu überbrücken – arbeitend, versteht sich. Dieses Lebenskonzept wünsche ich mir mittelfristig auch.

Zwei Wochen Urlaub sind zu wenig

Nur über eine längere Zeit ist es möglich, einen Ort auch richtig kennenzulernen. Das wurde mir vor allem im August bewusst, als ich die Scharen an Touristen beobachtete. All die wunderschönen Orte, die zu meiner Nachbarschaft, zu meinem Alltag und zu liebgewonnenen Erinnerungen gehörten, sahen viele Touristen hauptsächlich durch ihre Kamera. Kurz staunen, schnell ein Foto machen und dann weiter gehen, um den nächsten Punkt auf der Urlaubs-Checkliste abzuhaken.

Auch ich bin normalerweise so ein Tourist. Ich genieße Sightseeing-Urlaube und möchte dann auch wirklich alles mal gesehen haben. Das liegt daran, dass ich ungerne zwei Mal zur selben Destination reisen möchte, da es einfach so viel auf der Welt zu sehen gibt. Dennoch ist es gewissermaßen eine Verschwendung, Orte nur so oberflächlich kennenzulernen.

Zudem war es ein großartiges Gefühl, morgens die Strandpromenade entlang zu joggen und im Meer schwimmen zu gehen, bevor die Arbeit begann. Oder mir nach einem langen Tag die Badehose anzuziehen, ein Handtuch und die Tauchermaske einzupacken und mich in die Fluten zu stürzen, bevor ich mit einer leckeren Limo den Sonnenuntergang in einer einladenden Strandbar mit Live-Musik genoss.

Warum sollte man das nicht immer haben können? Warum begnügen wir uns mit den heimischen Bedingungen und sehnen uns nach dem Jahresurlaub, der nach zwei Wochen wieder vorbei ist, ohne dass wir richtig erholt sind? So stelle ich mir mein Leben nicht mehr vor. Ich möchte deutlich mehr Orte bereisen, ihnen echte Aufmerksamkeit schenken und ihre Annehmlichkeiten genießen können.

Klar, das ist einerseits eine finanzielle Frage und andererseits bin ich in der glücklichen Position, remote arbeiten zu können. Und auch mit Kindern im Schulalter wird es schwieriger. Aber Schüler haben lange Sommerferien. Und Wohnungen kann man untervermieten. Zumindest für mich wird es schon Wege geben, wenigstens ein bis drei Monate pro Jahr im Ausland zu leben. Das ist meine Version des digitalen Nomadentums, die ich für mich entdeckt habe.

Noch ein letzter Absatz zu Malta: Malta war die richtige Entscheidung für mich, um mit dem Reisen zu beginnen. Die internationale Community ist groß, man findet sehr schnell Anschluss und die Insel ist überschaubar. Dennoch gibt es für die Größe Maltas unglaublich viel zu entdecken, sei es sportlicher, kultureller oder entspannter Art. Alles ist in der Nähe, die Orientierung fällt leicht, dank Euro und EU-Roaming funktionieren die heimischen Bank- und SIM-Karten und nahezu jeder spricht Englisch. Und dennoch ist Malta kulturell anders genug, um genügend neuen Input zu erhalten.

An dieser Stelle herzlichen Dank an meinen alten Schulfreund Daniel, der mich nach Malta brachte und mich dort als Freund und Mentor begleitete.

Zurück in die Heimat

Am 1. September flog ich zurück nach Berlin. Mann, können 14 Grad Celsius kalt sein, wenn die Durchschnittstemperatur der letzten vier Monate bei über 30 Grad lag! In Berlin übernachtete ich zwei Nächte bei Freunden und besuchte meine Berliner Oma, bevor ich schließlich zurück in meine Heimat Dresden kam und dort bei meinen Eltern wohnte, da ich mein Zimmer in Mainz weiterhin untervermietete.

Ich war erstaunt, wie schnell ich mich von Malta kulturell entwöhnte. Meine Erwartung war, dass mir allein Deutschlands ganz andere Architektur nach vier Monaten erst einmal fremd vorkommen würde, aber das Gegenteil war der Fall: Alles hat sich direkt vertraut und beinahe beängstigend „normal“ angefühlt.

Einen Monat wollte ich in Dresden bleiben, um mir genug Zeit für die Vorbereitungen, meine Familie sowie meine Freunde zu nehmen und außerdem noch meinen 33. Geburtstag Ende September in trauter Umgebung zu feiern.

Geburtstagsgruppe nach erfolgreicher Wanderung
Kleine Geburtstagsgruppe nach erfolgreicher Wanderung

Die Einreise nach Nepal erforderte neben den ohnehin üblichen Reisevorbereitungen auch jede Menge Bürokratie. Folgende Dokumente musste ich vor der Reise am Flughafen sowie nach der Ankunft in Kathmandu vorlegen können:

  • Visum: Mein Visum musste ich in der nepalesischen Botschaft in Berlin beantragen und dort meinen Reisepass hinschicken, inklusive einem Nachweis über die bezahlte Visumssumme. Das waren 125 Euro für erst einmal drei Monate.
  • Versicherungsbestätigung: Die Reise-Krankenversicherung musste eine gesonderte Bescheinigung darüber ausstellen, dass sie auch im Falle einer Corona-Erkrankung greift.
  • Buchung eines Quarantäne-Hotels: Momentan müssen sich Einreisende nach Nepal in eine zehntägige Quarantäne begeben. Geimpfte können diese an einem privaten Ort verbringen, Ungeimpfte müssen sich ein Quarantäne-Hotel aussuchen. Es gibt eine Liste von der nepalesischen Regierung mit etwa 200 erlaubten Hotels.
  • PCR-Test
  • noch ein weiteres Einreiseformular

Neben der Reise-Organisation verbrachte ich viel Zeit mit meinen Liebsten, darunter auch meine Switch, und der Freelancer-Arbeit. Als freier Redakteur schreibe ich Artikel für GIGA und spieletipps.de sowie Auftragsarbeiten als Content-Writer für eine Content-Agentur. Im September schrieb ich beispielsweise einen SEO-getriebenen Cornerstone-Artikel zu einem IT-Thema. Diese Arbeit, die ich flexibel auch während meiner Reise ausüben kann, gewährt mir zusätzliche finanzielle Frei- und Sicherheit.

Auf nach Nepal!

Mein Flug startete am Freitag, den 1. Oktober. Ich sollte abends von Berlin abfliegen, nachts in Istanbul zwischenlanden und mittags am Folgetag in Kathmandu ankommen.

In den Tagen vor meiner Abreise war ich überraschend gefasst. In einigen Momenten traf mich eine tiefe Melancholie. Die natürliche Sorge meiner Eltern um mich steckte mich manchmal an, dann wiederum hatte ich kurze Momente der Vorfreude. Jedoch waren all diese Emotionen nur sehr flüchtiger Natur; überwiegend fühlte ich mich irgendwie leer.

Dann kam der Abschied, der wie gewohnt tränenreich verlief. Das ist er immer von meinen Eltern, seitdem ich nicht mehr in Dresden wohne und sie im Schnitt nur zwei bis drei Mal pro Jahr besuchen kann.

Bezüglich der Reise hatte ich ein wenig Respekt, da ich über 24 Stunden unterwegs sein sollte. Doch alles klappte wie am Schnürchen. Mit dem Flixbus ging es zum Berliner Flughaften, von dort flog ich nach Istanbul. Der Istanbuler Flughafen hat mich wirklich beeindruckt, er wirkte wie eine kleine Stadt für sich. Etwa 2 Uhr nachts ging es dann dort weiter zum siebenstündigen Flug nach Kathmandu.

Auch hier spürte ich kaum Aufregung. Ich schaute Cruella und Toy Story 4, als wäre es ein normaler Freitagabend. Erst etwa eine Stunde vor der Landung musste ich mich selbst dazu zwingen, mir bewusst zu werden, was nun eigentlich auf mich zukam. Ein Dreivierteljahr hatte ich diesen Moment erwartet – und als er kam, nahm ich seine Wichtigkeit nicht richtig wahr.

Ich fühlte mich seltsam, als ich mich dabei ertappte. Ist das normal bei so langen Reisen oder hat mich die ständige Beschallung von Social Media und Co. zu einem emotionslosen Zombie gemacht? Der Frage möchte ich in Nepal auf jeden Fall auf den Grund gehen.

Gelandet im Kathmandu-Tal, das umringt ist von grünen Bergen, warteten zahlreiche Sicherheitsschleusen auf mich. Zuerst wurde in einer anscheinend provisorisch errichteten Baracke der Impf-, PCR- und Hotelbuchungsstatus gecheckt. Ich war einer der wenigen, die kein Impfzertifikat vorweisen konnten, also zog mich ein uniformierter Soldat beiseite und schrieb meinen Namen sowie mein Hotel auf einen Schmierzettel.

Ich durfte weiter zum „Immigration“-Schalter zur Prüfung meines Visums. Es folgten eine weitere Durchleuchtung des Handgepäcks (auch hier ließ ich mir das Rausfischen nicht entgehen), die Abholung meines Abgabegepäcks (erleichtert nahm ich meinen unbeschädigten Rucksack in Empfang), Geldumtausch und ein nochmaliges Überprüfen meines Gesundheitsstatus, wieder mit Schmierzettel (ich frage mich, was damit passiert).

Nach etwa zwei Stunden verließ ich endlich den Flughafen und erspähte den freundlichen Fahrer mit meinem Namensschild, der mich in einem alten Van zum Hotel brachte. Ich merkte, wie einige Anspannung von meinen Schultern fiel.

Erste Eindrücke von einer fremden Welt

Während der etwa 20-minütigen Fahrt spürte ich endlich auch Euphorie in mir aufkeimen. Ich war in einer anderen Welt! Man kennt Bilder aus dem Fernsehen, aber in Echt schlagen die Eindrücke mit voller Wucht zu.

Der Verkehr! Mein Fahrer bretterte über die hauptsächlich mit Mopeds befüllten Straßen, als wären wir die einzigen Verkehrsteilnehmer. Einmal fuhren wir für etwa zehn Sekunden komplett im Gegenverkehr. Mehrere Male kreuzten wir fast ohne Ankündigung die andere Spur (sofern man hier von „Spuren“ reden kann), um abzubiegen. Müssen die anderen eben aufpassen und in die Eisen gehen!

Zwischen dem chaotischen Verkehr tummelten sich jede Menge Menschen, welche die Straße kreuzten. Angst um sein Leben schien hier niemand zu haben, obwohl wir oft nur gefühlte Millimeter an ihnen vorbei rasten. Ihnen ging es da vermutlich wie mir – irgendwie hatte ich das Urvertrauen in den netten Fahrer namens Dil, dass er schon weiß, was er tut.

Zu weiteren Eindrücken gehörten: Bunte Häuser. Müll. Ein großer Marktplatz voller dicht gedrängter Menschen, die ausgestellten Waren hauptsächlich am Boden liegend. Straßenhunde. Eine angebundene Ziege mitten auf dem Fußweg. Überall dicke Bündel an Kabeln. Bambusbäume links und rechts. Immer wieder kleine Tempel mit den typisch asiatischen Dächern. Ich kann es kaum erwarten, all das in Ruhe zu Fuß zu erkunden!

Quarantäne in Kathmandu

Im Hotel wurde ich herzlich empfangen und ich erfuhr, dass „Quarantäne“ hier etwas offener ausgelegt wird. Anders als erwartet darf ich nämlich mein Zimmer verlassen und mich im gesamten Hotelkomplex frei bewegen. Ich darf mein Essen im Hotelrestaurant ohne Maske einnehmen, mich ins kostenpflichtige Spa inklusive Sauna und Whirlpool begeben, mir eine Massage buchen und so weiter.

Hätte ich wirklich einen todbringenden Virus, könnte ich hier also das ganze Personal und alle anderen Gäste, die sich nicht in Quarantäne befinden, verseuchen. Aber glücklicherweise bin ich gesund und mir soll es recht sein, etwas mehr Freiheit zu genießen.

Das Himalayan Suite Hotel liegt preislich für nepalesische Verhältnisse in der gehobenen Mittelklasse. Für zehn Nächte inklusive Frühstück und Abendbrot zahle ich etwa 320 Euro. In der von der Regierung vorgegebenen Hotelliste gehörte es jedoch zu den günstigeren Alternativen – es gab durchaus Hotels, die das Doppelte kosteten. Ich wohne im obersten Stock, habe einen Balkon sowie gutes Internet, das war mir wichtig.

Von einigen Ameisen abgesehen, die ich durch das Verreiben einer Zitrone an den entsprechenden Stellen und ein bisschen Klebeband über den Ritzen loswerden konnte, ist mein Hotel nahezu mit westlichen Standards vergleichbar. Zusammen mit dem immer wieder faszinierenden Ausblick von meinem Balkon (dazu gleich mehr) kann ich mich hier hervorragend akklimatisieren.

Wie sieht ein Quarantäne-Tag für mich aus? Gegen 9 Uhr stehe ich auf (an die Zeitverschiebung von etwa 4 Stunden gewöhne ich mich noch). Ich mache Sport, dusche und gehe ins Restaurant. Dort haue ich mir ordentlich die Wampe voll, denn das nächste Essen gibt es erst um 19 Uhr zum Abendbrot. Dann chille ich ein bisschen und beginne, an meinen Artikeln zu schreiben. Am späten Nachmittag mache ich noch einmal Sport im Zimmer, um den Bewegungsmangel auszugleichen und in Form zu bleiben. Dann gibt es ein göttliches Abendbrot, etwas Arbeit und Chillen, gegen 1 Uhr dann auch Schlaf.

Zwischendurch studiere ich meinen Reiseführer, plaudere mit anderen Gästen und dem Personal im Restaurant, genieße die Aussicht, lerne ein paar nepalesische Vokabeln, sende Sprachnachrichten, spiele Switch oder amüsiere mich über das schräge TV-Programm hier. Langweilig wird mir also nicht, und von mir aus könnte die Quarantäne noch ein wenig länger dauern, damit ich mein mir auferlegtes Arbeitspensum schaffe.

Beobachtungen vom Balkon

Bevor ich davon schreibe, wie es weitergeht (oh je, der Artikel wird wieder viel zu lang), möchte ich einige meiner Beobachtungen vom Balkon teilen:

  • Viele Frauen scheinen sich hier größtenteils den ganzen Tag um den Haushalt zu kümmern. Sie tragen auffallend häufig rote Kleidung.
  • In nahezu jeder Ecke liegt Müll, überwiegend Plastiktüten.
  • Auf einer kleinen vermüllten Grünfläche hinter dem Hotel liegt eine zerlöcherte blaue Plane. Auf ihr klopft ein Mann jeden Morgen ausführlich zwei Kissen mit einem Holzstock aus, während dort gegen Mittag mehrere Frauen und Männer alte Decken zu nähen scheinen.
  • Zwischen den bunten, stilistisch zusammengewürfelten Häusern gibt es immer wieder kleine Wellblech-Baracken. Gegenüber meinem Fenster blicke ich auf einen Wellblechhof, auf dem eine Gans lebt, offenbar zusammen mit zwei Beutelratten und zwei bis drei suspekten Männern, die mehrere Male am Tag eine alte Metalltonne anzünden und Plastikmüll verbrennen, dessen Rauchschwaden dann durch mein Zimmer ziehen.
  • Die Wolken hängen hier recht tief (okay, Kathmandu befindet sich auch in etwa 1.400 Metern Höhe) und verdecken oft die Berge im Hintergrund. Manchmal sind sie gar nicht zu sehen, und ich bin mir unsicher, ob sie vom Smog oder Nebel verdeckt werden, vermutlich aber von beidem.
  • Über der Stadt ziehen große Falken-ähnliche Vögel ihre Kreise, die laut meinem besten Freund vermutlich Schwarzmilane sind. Sie wirken majestätisch.
  • Auf den Dachterrassen der Häuser spielen viele Kinder, die in Großfamilien zusammenzuwohnen scheinen. Sie lassen kleine Drachen in Rautenform in den Himmel steigen. Diese sollen nach der Monsunzeit dafür sorgen, dass der Regen fernbleibt.
  • Die Sonne geht hier sehr früh unter. Ab etwa 18 Uhr ist es hier stockduster.

Wie geht es weiter?

Am 12. Oktober darf ich das Hotel verlassen. Dann ziehe ich in die Schule am westlichen Rand von Kathmandu, in der ich für voraussichtlich drei Monate als Englischlehrer arbeiten werde. Gestern besuchte mich bereits der Schulleiter und wir sprachen über die kommenden Wochen.

Kürzlich startete das Dashain-Festival, das größte hinduistische Volksfest des Jahres (vergleichbar mit Weihnachten bei uns). Das bedeutet, dass ich in der Ferienzeit ankomme und deshalb eine Woche lang Zeit habe, die Umgebung abseits der Arbeit zu erkunden. Es gibt ein Ferienprogramm, das unter anderem Yoga um 5:45 Uhr am Affentempel beinhaltet. Ich bin also gespannt auf alles, was mich erwartet!

Details zur Schule kombiniere ich im nächsten Artikel mit einem ersten Erfahrungsbericht. Bis dahin sage ich: Namasté (das sagt man nämlich auch bei der Verabschiedung)!